Ehrenmal Heisfelde
- nach einem Entwurf von Ziselier* Leling
 
*(Nach Wikipedia arbeitet der Guss-Ziseleur in Gusswerkstätten und bearbeitet dort die Bronze nach dem Guss. Hier wird das Ziselieren benutzt, um Reste des Gussvorgangs zu entfernen und dem Gussstück die endgültige Form zu geben.)
Hauptlehrer Saul schrieb am 01.Juni 1922 in die Schulchronik der Volksschule von Heisfelde, dass zur Erinnerung an die Gefallenen im Weltkrieg am Eingang zum angrenzenden Bollinghauser Gehölz ein steinernes Denkmal errichtet wurde. Der Entwurf stammt von Herrn Ziselier Leling aus Heisfelde. Die Anlage wurde am Himmelsfahrtstag im Jahr 1922 eingeweiht. Bilder vom Denkmal mit den 5 Namenstafeln, mit dem zentral davor angeordneten sog. „Goldfischteich“ mit Springbrunnen sowie den umgebenden Außenanlagen findet man auf dieser Webseite unter „EREIGNISSE – Krieger-Ehrenmal“.
 
Wer war nun dieser Herr Leling?
In den Schriften des Vereins für Heimatschutz und Heimatgeschichte in Leer, Bd. 8, von 1920, also noch vor dem o.g. Entwurf für Heisfelde, finden wir folgende Beschreibung über das Entstehen der sog. "Krieger-Denkmäler" in Ostfriesland und daran folgend einige interessante Einzelheiten über das Schaffen von Bernhard Leling aus Heisfelde in dieser Zeit nach dem 1.Weltkrieg:
 
"Würdige Zeichen der Väter"
 
Kriegerehrungen für ostfriesische Dörfer
entworfen und gezeichnet von B. Leling, Heisfelde.
Folgender Text ist den "Schriften des Vereins für Heimatschutz und Heimatgeschichte in Leer, 8, Leer [1920]" entnommen:
 
"Kriegerdenkmäler sind in Ostfriesland die mit Abstand häufigsten Denkmäler. Das mag einem merkwürdig vorkommen in einer Region, die ihre besondere Freiheitstradition ursprünglich einmal auch darüber definierte, dass sie außerhalb Ostfrieslands keinen Heerdienst zu leisten hatte und die dieses Privileg nach 1744 noch gegenüber den Preußen zu bewahren wusste. Doch wurde der Militärdienst unter Napoleon zur Pflicht, und seitdem wurde die "Befreiung von der Heerfolge" von der Idee der "Friesischen Freiheit" gelöst. Die Befreiungskriege stärkten in der Region das Bewusstsein, Teil eines deutschen Staatsgebildes zu sein. Und so wurde die Pyramide am Upstalsboom 1815 zunächst als Denkmal für die ostfriesischen Opfer der Befreiungskriege geplant, und spätestens nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 errichtete man an vielen Orten Kriegerdenkmäler zum Gedenken der "Heldenopfer".
 
Zur Mitte des Ersten Weltkriegs - noch in dem festen Glauben an einen großen Sieg - entwarf man in Deutschland vor dem Hintergrund der großen Opfer, die der Stellungskrieg erforderte, Pläne zur Anlage von "Heldenhainen". Für ihre Gestaltung wünschte sich die staatliche Beratungsstelle für Kriegerehrungen in Berlin eine "einfache, klare monumentale Form". Die "kommenden Geschlechter" sollten Heldenhaine und Ehrenmale als "kunstvolle Gebilde", als "ehrfurchterweckende Zeichen einer großen Zeit, als würdiges Zeichen ihrer Väter" wahrnehmen.
 
Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs entwickelte sich das Heldengedenken eines traumatisierten Ostfrieslands in einem zusammengebrochenen Deutschland naturgemäß langsamer als nach dem Kriege von 1870/71. Nicht nur das Bewusstsein, ein "geschlagenes Volk" zu sein, auch die schlechte wirtschaftliche Situation hinderte viele Gemeinden daran, "bleibende Zeichen des Heldengedenkens" zu errichten. Doch trotz der Niederlage musste man sich mit dem Gedenken und der Ehrung der Toten auseinanderzusetzen. Mit Beginn der 1920er Jahre entwickelt sich langsam eine Bewegung zur Errichtung von Kriegerdenkmalen, die man jetzt als "trotzige Erinnerungszeichen" auffasste und die zunächst stärker von den Kirchengemeinden als von den politischen Gemeinden getragen wurde.
 
Bernhard Leling, Mitbegründer des Heimatvereins in Leer, Architekt, Bildhauer, Maler und Ziseleur in Diensten der Leeraner Eisengießerei Boekhoff, hatte neben anderen Verdiensten auch die "Bauberatungsstelle" des Leeraner Heimatvereins betrieben, und "Baupläne zur Gesundung der ostfriesischen Bauweise" gezeichnet. Schon während des Krieges hatte er auch Musterpläne für ostfriesische "Heldenhaine" angefertigt. Nach dem Krieg verfolgten Leling und der Heimatverein mit einer kleinen Broschüre "Kriegerehrungen für ostfriesische Dörfer" das besondere Anliegen, die gestalterische Qualität der langsam in größerer Zahl entstehenden Kriegerdenkmäler zu gewährleisten: Denn viele Dörfer griffen vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Not bei der Errichtung von Kriegerdenkmalen zu sehr schlichten und kostengünstigen Lösungen.
 
Leling wollte mit seiner Broschüre deutlich machen, dass für die Entwürfe und die Ausführung von Kriegerdenkmalen fachmännische Hilfe nötig ist. Der Verein für Heimatschutz und Heimatgeschichte in Leer bot sich deshalb an, Anträge und Entwürfe zu Kriegerehrungen kostenlos zu vermitteln. Leling wollte, dass diese neu entstehenden Denkmäler "der Eigenart des Volksstammes" und der „Eigenart der landschaftlichen Natur" Ostfrieslands angepasst würden".
 
In Norddeutschland hatte sich bei Kriegerdenkmälern zum Ende des 19. Jahrhunderts meist der (auch preisgünstigere) "Findling" gegen den traditionellen, historisierenden Obelisken durchgesetzt. Auch Leling betrachtete die Mode der Pyramiden als "billige Nachahmung". Soldatengedenkstätten sollten in den Traditionen germanischer Hünengräber und prähistorischer Kultstätten stehen. Tafeln auf Friedhöfen, an oder gar in Kirchen bildeten für Leling die schlechtere Alternative. Wo es möglich war, sollten Kriegerdenkmäler als "Ruhepunkt und Sammelplatz" im Zentrum der Siedlungen konzipiert werden, möglichst kombiniert mit einem Baum. Hier dachte der Leeraner Planer z.B. an Dörfer wie Amdorf oder an die ostfriesischen Rundlingsdörfer. Als Baumaterial sollten regionaltypische, hartgebrannte Steine oder Klinker Verwendung finden, die Namensplatten möglichst aus Sandstein oder Bronze bestehen.
 
Das Anliegen Lelings fand durchaus Gehör: Ein aus heutiger Sicht noch immer gelungenes und überregional beachtetes Beispiel eines in diesen Traditionen stehenden ostfriesischen Kriegerdenkmals bildet das von den Gebrüdern Krüger aus Berlin 1924 bewusst in der Nachfolge der prähistorischen englischen Kultstätte Stonehenge konzipierte Kriegerdenkmal an der Heisfelder Straße in Leer. Es kann als ein Vorläufer des gleichfalls von den Gebrüdern Krüger geplanten, größten deutschen Kriegerdenkmals angesehen werden: das 1924 bis 1927 errichtete Tannenberg-Denkmal und spätere Hindenburg-Grabmal in Ostpreußen.
 
In Aurich entschied man sich 1925 für den Entwurf "Wallhall" des profilierten Bildhauers Joseph Hammerschmidt, der sich in der Form an dem Vorbild des Hünengrabes orientierte und dessen Relief in der christlichen Tradition der Pietä ein weiteres typisches Beispiel der Sakralisierung des Kriegsgedenkens in der Mitte der 1920er Jahre bildet."