Berend Schröder:

"Durch Zufall gelangte ich an eine hochinteressante Art Chronik von Heisfelde. Es wird dort Heisfelde, wie es vor langer Zeit einmal aussah, beschrieben. Einige Passagen (z.B. Paluskirche, erbaut 1954) lassen aber erkennen, dass der Artikel nach der Mitte des letzten Jahrhunderts verfasst sein muß. Nun ist leider kein Autor angegeben. Man hätte ja gerne noch ein paar Fragen geklärt.

Ich veröffentliche hier den Artikel in der Hoffnung, dass sich noch ein älterer Heisfelder / Heisfelderin findet, der mir etwas zu dem mutmaßlichen Autor sagen kann."
 
 
Das Dorf Heisfelde
 
Verfasser unbekannt. Bericht erstellt nach 1955 (erschlossen aus den Textangaben.BS).
 
„Nördlich von der Kreisstadt Leer liegt die heutige Großgemeinde Heisfelde. Zu Beginn meiner Erinnerungen vor zirka 40 Jahren liegt die Grenze von Heisfelde (dort,) wo heute die Grenzstraße (ist,) die uns von der Stadt Leer scheidet.
      Das Haus N. 1 an der heutigen Grenzstraße zählte früher zu den Häusern der Landstraße. Die Grenzstraße war sonst unbebaut und war ein Sandweg der zu den Kiesgruben von van Hoorn führte. Heute ist eine mit Klinkersteinen gepflasterte Straße vorhanden und ist mit einigen schmucken Wohnhäusern bebaut.
      Die eigentliche Landstraße durch Heisfelde war in früheren Jahren ein beliebter Spazierweg von den Bewohnern der Stadt Leer, die Perle von Ostfriesland. In einem plattdeutschen Gedicht heißt es wörtlich: "Dat Parelke vant Ostfreszenland dat ist un blift min Läär." Die Landstraße war mit hohen Ulmenbäumen bepflanzt und viele benutzten sie nach den Gaststätten von Heisfelde und zum Gehölz von Bollinghausen.
     Im Anfang des Weltkrieges 1914- 1918 wurde das schöne alte Gehölz verkauft. Zum Teil ist es wieder angepflanzt. Auch sind viele Grundstücke davon verkauft und mit Wohnhäuser und Siedlungshäusern bebaut.
      Die Landstraße von der linken Seite von der Grenzstraße an bis zum sogenannten Kreuz war noch ganz unbebaut. Es wurde benutzt zu Viehweiden. Auf der rechten Seite standen einige alte Häuser. An der Grenze gleich standen die Häuser N. 2 und 4. Dann waren einige Äcker Bauland. Die jetzigen Häuser 14 - 16 war ein uraltes Haus, was früher eine Schmiede war. Sodann folgten wieder 2 ältere Häuser, die der Familie A. Apfeld gehörten. In früheren Jahren war dort eine Wollkämmerei. Aus alten Zeiten stand noch ein Haus an der rechten Seite, was einem Kapt. Kuiper gehörte. Weiterhin bis zum sogenannten Kreuz standen keine Häuser mehr und das Land war immer mit Korn, Roggen Gerste oder Hafer bestellt.
       Beim Kreuz bog man rechts (m.E. links ?) ab und kam zuletzt in das alte Dorf Heisfelde. Der erste Teil des Weges war das kleine Kreuz, sogenannte "lütje Krüz". Es war ein sehr schlechter Weg und bei Herbst und Winterzeiten beinahe grundlos. Am Ende des Weges lag das schöne Platzgebäude von van Hoorn. An beiden Seiten des Weges waren hohe Wälle mit prächtigen alten Eichbäumen besetzt. Vor vielen Jahren ist die Dorfstraße mit Klinkern gepflastert worden. An der rechten Seite sind heute etliche Wohnhäuser und das Gemeinde- und Spritzenhaus errichtet.
Vor ungefähr 50 Jahren erwarb die ref. Schulgemeinde ein Grundstück und erbaute die ref. Schule daselbst. Etliche Jahre später wurden die beiden Schulen wieder vereinigt und das schöne Schulgebäude erbaut. Gleichzeitig wurde das letzte Haus mit übernommen und als Lehrerwohnung eingerichtet.
        Wandern wir weiter und gehen von da rechts ab, so war man auf dem Wege nach dem alten Dorf. War das kleine Kreuz schlecht zu gehen, so war das große Kreuz (grote Krüz) noch schlimmer. Auch an beiden Seiten des Weges waren hohe Wälle mit alten Eichbäumen besetzt. Es war der Schulweg für die Kinder von der Landstraße, Ringstraße, Logaer Weg und von der Heisfelder Gaste. Die alte Schule war das Eckhaus von der Dorfstraße und dem Weg, der zum Hammrich führt, der sogenannte Melkweg. Links und rechts vom sogenannten grote Krüz waren Weidekampen.
 
         Am Ende vom groten Krüz begann das richtige Dorf. Es waren damals meistenteils recht alte Häuser. Viele von den damaligen Bewohnern sind nicht mehr. Es sind noch wohl Enkel und Urenkel aber zumeist wohnen und leben sie außerhalb. Geht man einige hundert Meter die Dorfstraße entlang, so haben wir eine Kreuzung.
 Von links geht der Weg ab nach dem Volksmund dem Süden. Danach ist der Weg benannt. Es ist der Süderweg und läuft am Wasserwerk von Leer vorbei nach Leer und mündet in der Hajo-Unken-Straße von Leer. Am Wege dahin war ein altes sehr großes Bauernhaus. Es bewohnte damals ein Bauer Krumminga.
Etwas weiter am Wege liegt das Wasserwerk der Stadt Leer. Es wurde vor ungefähr 70 Jahren errichtet. Durch Kurzsichtigkeit des damaligen Gemeinderats hätte Heisfelde unentgeltlich das Rohrnetz haben können. Beinahe an der Stadtgrenze am Süderweg liegt das Bauernhaus von Boelsen. Das Wohnhaus und das Stallgebäude wurden 1928 total durch Feuer zerstört. Es konnte nicht viel gerettet werden und das Vieh, hauptsächlich Milchvieh, erlitt schwere Brandwunden.
          Gehen wir nun zurück zu der Kreuzung, so zweigte rechts ab von der Dorfstraße der Lütje Weg. Gehen wir etwa hundert Meter den Weg entlang, biegt er nach links ab, überquert die Dorfstraße und läuft dann wieder auf die eigentliche Dorfstraße.
         Das Stück der Dorfstraße von der Landstraße ab war ebenso ein sehr schlechter Weg und wurde, weil der Weg durch den Hammrich nach dem Emsdeich führt, im Volksmund der Melkweg genannt.
 
         Die Bewohner von Heisfelde waren meist Kleinbauern und Arbeiter. Handwerker gab es sehr wenig. Das Eckhaus von der Dorfstraße und Landstraße bewohnte ein Schmiedemeister. Das Haus ist umgebaut und es wird noch heute eine Schmiede darin betrieben. Dann gab es noch zwei Schneidermeister im Dorf. Bäckereien gab es nur einen am Ende der Landstraße und die Einwohner holten ihr Brot aus der Stadt. Heute sind wohl sämtliche Handwerksbetriebe vorhanden.
 
        Der erste Gemeindevorstand war Gastwirt Martini, darnach folgte Krukenberg. Nach dem Tode des K. wurde R. (?) de Vries Bürgermeister. Auch de Vries verstarb und ihm folgte G. van Hoorn. Nach van Hoorn wurde Herr Johann Janssen Bürgermeister bis die NSDAP, weil er kein Parteimitglied sein wollte, ihn von seinem Posten absetzte.
 
       Ein kurzes Stück Weg gehen wir noch zur Landstraße. Das Eckhaus war, wie schon beschrieben, eine Schmiede und der damalige Meister hieß Ubbo Reuter und hatte zugleich den Posten als Brandmeister. Einen drastischen Vorfall in seiner Amtshandlung werde ich später berichten. Das folgende Haus, jetzt bewohnt von Malermeister Schulte, war früher eine Schankwirtschaft und führte den Namen "Altona". Der damalige Wirt beging Selbstmord und die Wirtschaft erhielt ein Bäckermeister Knoop. Es war ein sehr kleines Häuschen und wurde später durch einen Neubau ersetzt.
 
       An Wirtshäusern waren damals zwei vorhanden. Das erste größere war eine Gastwirtschaft, verbunden mit Saal- und Gartenbetrieb. Die andere Wirtschaft begann auch später mit Gartenwirtschaft. Es war eine sehr schöne Anlage, die sich der Gastwirt ausgedacht und ausgeführt hatte.
 
      Es folgte noch an der linken Seite ein großer Bauernhof (Jürgens). 
    
 Es folgte dann das sehr schöne alte Gehölz von dem Rittergutsbesitzer von Suckow, wo am Ende die Burg lag. Es ist das letzte Haus von Heisfelde und von da ab war die Gemarkung Eisinghausen, was zur Gemeinde Nüttermoor gehört. Gegenüber der Burg führte ein Feldweg zum Moor, was zu der Besitzung von v. Suckow gehörte. Es wurde damals viel Torf daselbst gegraben und die Einwohner von Heisfelde kauften ihren Torf aus dem Moor.
        
Gehen wir zurück auf die Kreuzung bei der Schmiede, so führte ein Weg nach dem Heisfelder Moor. Ganz früher muß es wohl ein Gemeinde-Moor gewesen sein. Es hieß im Volksmund Mente-Moor. Vielleicht ist das Moor damals aufgeteilt und die alten Bewohner haben ein Stück in verschiedenen Größen erhalten. An Wohnhäuser waren keine vorhanden.
       
 Etwas mehr südlich raus, wohl  zum Heisfelderfeld gehörend, 2 Wohnhäuser und waren errichtet am Kolonisten Weg. Es waren 2 sehr alte Häuser und wurden später umgebaut. Bewohnt war rechts von einem Pferdehändler Busemann, das andere auf der linken Seite durch den Kolonisten Hohmann.
 
          Gehen wir wieder zurück zu der Landstraße, so hatten wir gleich links von der Schmiede die Gastwirtschaft Martini. Vor etwa 40 Jahren erwarb die Wirtschaft der heutige Besitzer Wilhelm Barkei.
 
       An beiden Seiten der Landstraße gehörten die Ländereien zu dem Platzgebäude von Bauer Rademacher. Vor etwa 80 Jahren gehörte die Besitzung Ontje Boekhoff. Die große Scheune und Stallungen sind verkürzt und der große Hof kam in verschiedene andere Hände. Auch führt heute eine schöne alte Kastanienallee zum schönen Platzgebäude. Das alte Wohnhaus ist abgebrochen und durch Bauer Joh. Neemann errichtet. Die Weidekampen an beiden Seiten der Landstraße gehören zu der Besitzung. Viele Jahre schon wird auf der östlichen Kampe die Veranstaltung des Fahr- und Reitvereins um die größten Preise ausgetragen.
 
        Gleich südlich der grünen Weide ist ein Weg, kurzer Weg genannt. An der Landstraße errichtete Bäckermeister Boom ein Wohn- und Geschäftshaus. Dann sind noch einige Privathäuser daselbst gebaut.
          Eine kurze Strecke weiter zweigt sich der Neemanns-Weg ab. Joh. Neemann erwarb das Grundstück aus der Erbfolge von Frl. Bunger. Das betreffende Grundstück gehörte zu dem Bauernplatz von Fr. Geske Bunger. Herr Joh. Neemann ließ einen Weg von der Landstraße bis zum Bahndamm legen. Der Weg Bahndamm läuft parallel mit der Eisenbahn Leer-Emden. Herr Neemann hat das betreffende Grundstück in Parzellen aufgeteilt und als Baustellen verkauft. Es sind jetzt am Neemanns Weg von Privatleuten etwa 25 Häuser darauf gebaut.
 
      Am sogenannten Kreuz geht der Weg nach Loga, der Weg heißt auch der Logaer Weg. Zirka 200 mtr. von der Landstraße steht ein altes Haus. Es führte den Namen: "lange Jammer". Das Haus war von 4 Familien bewohnt und es gab da viele Streitigkeiten. Es wurde bewohnt von einem Maurer, einem Stellmachermeister, einem Schneidermeister und einem Arbeiter. Der Maurer war ein streitsüchtiger Mann und lag immer mit seinen Nachbarn in Streit.
 
Von links ab führt ein Weg zur lutherischen Pauluskirche.
 
         Der Weg führt uns weiter über die Eisenbahnschranken Leer – Emden und Leer - Oldenburg. Am Ende der Straße, direkt an der Logaer Grenze, lag noch ein altes Bauernhaus. Es gehörten viele Ländereien dazu. Vieles von dem alten Eigentum ist zu Baustellen verkauft.
     Das Land links von der Landstraße bis zum Bahndamm gehörte damals dem Großkaufmann und Seifenfabrikanten Wilhelm Connemann aus Leer. Der Herr hatte Liebhaberei für die Landwirtschaft. Es gab damals viele köstliche Gespräche zwischen dem Herrn Connemann und seinen Arbeitern. So kam es denn, daß ein Arbeiter Jan R. sehr spät von der Mittagspause zur Arbeitsstelle kam. Herr Connemann sprach zu Jan: "Du kummst ok recht late wer to arbeiden". Jan entschuldigte sich: "Och Heer, ick haar vandags soon langwielige Middagseten". Connemann: "Wat hest dann hat vandags?" Jan: "Dat wassen ruge Tuffels un Granat".
           Das Grundstück hieß Rymeer. Herr Connemann hat es später verkauft und ist zu Baustellen aufgeteilt.
         Von links ab wurde ein Weg gelegt, die heutige Kreuzstraße. Sie läuft durch bis zum Neemannsweg.
 
Weiter geht unser Weg über den Bahndamm. Da waren die sogenannten Kolonistenkampen.
 
      Über den Bahndamm der Oldenburger Bahn geht von rechts ab ein früherer Privatweg. Es ist die heutige Parkstraße und wurde damals benutzt zu den Ländereien, die zu dem schon erwähnten Bauernhaus von Lütje Schmidt gehörten. Die Parkstraße ist jetzt ganz ausgebaut und endet an die Ringstraße.
        Kommt man von Loga, so steht ein altes Haus von der Famile R. errichtet. Von da an gehört die Ringstraße zur Stadt Leer. Die Ringstraße wurde durch den Bau der Umgehungsstraße von Leer bei dem Bahnübergang gesperrt. Auch von da bis zur Augustenstraße von Leer gehört die Straße linksseitig zu Leer.
       Einen Ausgang hatte die Ringstraße gerade durch bis zur Landstraße. Durch Verkoppelung der Heisfelder Gaste in den 70er Jahren des vorigen (19.)Jahrhunderts wurde der Weg vor den Häusern Ringstraße 3, 5, 7 und 11 nach dem Logaer Weg gelegt. Der schmale Fußweg ist den Bewohnern der damaligen Häuser zur Benutzung überlassen. Er war früher Privatbesitz von den angegebenen Häusern. Einige Jahre später übernahm die Gemeinde den Fußweg.
    
      Sehr rückständig war das Feuerlöschwesen von Heisfelde. Es musste jeder Haushalt einen sogenannten Brandeimer mit Wasser, eine gut brennende Laterne (sogenannte Schienfatt) und einen Dofpott haben. Einmal im Jahr wurden von der Gemeindeverwaltung durch 2 Männer die erwähnten Sachen und die Feuerstellen und Schornsteine überprüft. Bei einem Brand musste dann das Feuer mit den Eimern bekämpft werden.  
       Vor ungefähr 60 Jahren brannte das Haus von Feldmann ab. Die Feuerwehr von Leer kam auch mit der Spritze angefahren. Durch den Brandmeister Ubbo Reuter wurde es verboten mit den Worten: „Hier wort net ….(?), wie köönt uns sülst helpen.“ Doch die Spritze kam doch noch in Tätigkeit.
Heisfelde war sonst ein sehr stilles Dörfchen. Um die Jahrhundertwende kam etwas mehr Leben ins Dorf. So wurde durch sangesbegabte Männer der Gesangverein gegründet. Ein Jahr später die Freiwillige Feuerwehr. Auch die alten Soldaten traten zusammen und gründeten den Kriegerverein.
Einen besonderen Vorfall traf noch den damaligen Gemeindevorstand und Standesbeamten N. Kr. Er hatte vor etwa 50 Jahren 7 Paare getraut, aber es nicht ins Standesamt eingetragen. Er ist darüber verstorben und dem nachfolgenden Standesbeamten ist es aufgefallen. Und so mussten die Leute, welche meist außerhalb wohnten, nochmals vor dem Standesbeamten erscheinen, ob sie noch zueinander gehören wollten. Einer von den Betreffenden hat ja auch noch seinen Wohnsitz in Heisfelde. Es ist der frühere Gastwirt H.S. (Heinrich Saathoff?), den wohl die anderen noch bekannt sein dürften. Damit wurden die Ehen rechtmäßig noch einmal geschlossen.“ 
 
 
Hier endet der Artikel ziemlich plötzlich. Schade, man hätte noch gerne etwas mehr erfahren.                                                                                                             BS